Winterausstellung der GBK-Staubing
im Schiffsmeistersaal im Salzstadel
vom 27. Dezember 2021 bis
einschließlich 09. Januar 2022
täglich von 10:00 - 17:00 Uhr
Abb:
CUM-EX
von Alexander Vandendrees
Wandobjekt: Kunststoffrohre und HPL-Scheiben, 110 x 70 x 6 cm
Video von der Winterausstellung 2021/22
mit freundlicher Genehmigung von GBK-Mitglied Rudolf Weber
Erich Gruber: Rede zur Winterausstellung 2021/22
Wer hätte im Sommer gedacht, dass uns ein solches deja vu-Erlebnis nun schon wieder einholt.
Corona macht allen Menschen zu schaffen, den Gesundheits- und Pflegeberufen, den Schulen, dem Handel und der Gastronomie, der Unterhaltungswirtschaft usw. Und natürlich auch der Kultur. Wir Künstler empfinden Kunst und Kultur auch als Lebensmittel, als Nährstoff für die Psyche.
Und da leiden wir gerade wieder daran, dass ein Lebensmittel, das den Alltag zur Freude macht, ein Lebensmittel, das die Menschen zusammenbringt, ins Gespräch bringt, Verständnis füreinander fördert, ein Lebensmittel, das das Ästhetische und die Wahrnehmung in den Mittelpunkt zur Mangelware wird, weil es Lieferengpässe und Produktions- und Vertriebsschwierigkeiten gibt.
Der Virus bringt das Lebensmittel Kunst und Kultur in die Gefahr der Verderbnis, des Austrocknens und des Nicht mehr genießbar werdens. Das Virus bringt Kunst und Kultur in die Gefahr der Isolation und der Entwöhnung. Das Virus stresst zudem die Seele.
Bundespräsident Steinmeier hat kürzlich in einer Rede von der Kultur als einem Lebensmittel gesprochen. Im Augenblick scheint in den Diskussionen um Schutzschirme und Lockerungen vieles andere im Vordergrund. Sind Baumärkte, Gastronomien , Shopping usw. ..wichtiger als beispielsweise die Kunst, die ja einen wichtigen Bereich der Kultur darstellt?
In diesem Zusammenhang interessiert, welchen Stellenwert der Kunst aus psychologischer Sicht zukommt!
Diese Frage wurde am 18. Mai 2020 an der Evangelischen Akademie Sachsen an den Psychologen Dr. Olivier Elmer gestellt: Seine Antwort: Ich zitiere:
„Die bekannteste Hierarchie menschlicher Bedürfnisse ist die Bedürfnispyramide nach Abraham Maslow. Sie geht davon aus, dass zunächst die existenziellsten physiologischen Bedürfnisse der untersten Stufe erfüllt sein müssen, bis andere Stufen wie Sicherheit, soziale und individuelle Bedürfnisse und schließlich Selbstverwirklichung bedeutsam werden. Interessant ist, dass Abraham Maslow (Er war ein US-amerikanischer Psychologe und gilt als ein Gründervater der Humanistischen Psychologie) in seinen späten Jahren ästhetische Bedürfnisse in sein Modell integriert hat. Und das ist auch nur konsequent: bereits Darwin hat darauf verwiesen, dass schon bei Tieren ein „Sinn für das Schöne“ zu beobachten sei. Und in der kulturpsychologischen Analyse können wir feststellen, dass die Entwicklung komplexer Gesellschaften mit großem Engagement im Bereich künstlerischer Produktion einhergeht.“
Meiner Meinung nach kann und soll Kultur nicht nur in der jetzigen Krise im Allgemeinen und die Kunst im Besonderen schon von den Anfängen in Kindergarten und Schule und später auch im Berufsleben in ihrer Entwicklung und Darstellung mehr Gewicht erhalten. Werthaltige kulturelle Erscheinungen wie Lyrik, experimentelle Musik, experimentelles Theater und auch die bildende Kunst sollten aus ihren Nischen herausgestellt, wertschätzend behandelt und zum besseren Verständnis für die Allgemeinheit gebracht werden. Nur ein einzelnes Beispiel:
„Warum werden Schülerinnen und Schüler nicht durch den Besuch von Kunstausstellungen an das Schauen von Kunst herangeführt? Wenn jemand in seiner Schulzeit keine Kunstausstellung gesehen hat, warum sollte er dann … Dies gilt natürlich ebenso für Theaterbesuche, Konzerte und Lesungen, wobei da die Situation meines Erachtens sich besser darstellt.
Der Psychologe Olivier Elmer begründet die Relevanz von Kunst so: „ Die Beschäftigung mit Kunst kann dazu führen, dass der oder die Betrachtende selbst kreativer wird, weniger eingleisig denkt. Kunstgenuss ist ja nicht passive Rezeption. …
Kurzum: Kunst ist aus psychologischer Sicht kein überflüssiger Luxus, kein Dekor oder Zierrat – sondern, da bin ich ganz beim Bundespräsidenten, ein Mittel zum Leben – zum gelingenden Leben! Und in Krisen ist sie auch ein Mittel zum Überleben, Proviant für den Notfall.
Aus vielen Erzählungen ist bekannt, wie Menschen in Situationen ohnmächtig erlebter Entmenschlichung ihre Würde und Autonomie wahren, indem sie mit den primitivsten Mitteln Kunst schaffen. Insofern ist Kunst ein antivirales Mittel – gegen das Virus der Ohnmacht. Und wer Kunst und Kultur als etwas betrachtet, das vielleicht „nice to have“ ist, hat etwas grundlegend nicht verstanden. Das ist eine Haltung, die sich rächen wird.“
Eine Eröffnung vor vollem Haus brächte eine ganz andere Atmosphäre, Freude, Umtriebigkeit und Gesprächsanlässe. Nun ist es halt anders und wir akzeptieren das Notwendige, auch aus Respekt vor unseren Unterstützern, der Stadt, der Bibliothek, der TUM und auch vor dem Publikum und auch den Künstlerinnen und Künstlern. Liebe Anwesende, es ist angebracht, nicht sich selbst als allein wichtigstes Teil dieser Ausstellung zu sehen, sondern auf die Regeln und auf die Mitmenschen Rücksicht zu nehmen. Nach Absprache mit der zuständigen Behörde dürfen nach dem Infektionsschutzgesetz nur 25 % der Kapazitäten belegt werden. So hat sich die mögliche Besucheranzahl auf 44 Personen begrenzen lassen müssen: 1,5 m x 1,5m =2,25 qm - 400 qm :2,25qm = 178 Personen : 4= 44 Personen
Schon die eigentliche Anzahl der Einladungen musste begrenzt werden. Und die Eingeladenen haben sich selber aus verschiedenen Gründen zurückgehalten.
Wir sind dankbar, die Ausstellung heute eröffnen zu können, wenn auch im kleinen Kreis. Ich sage ausdrücklich Dank an die verantwortlichen Personen, die der GBK trotz der schwierigen Ausgangslage immer freundlich und hilfsbereit zur Seite standen: der Stadt, dem Kulturamt, der Stadtbibliothek, der TU München, dem Bauhof, der Presse.
Ich bedanke mich bei allen Künstlern, die ihre Arbeiten eingereicht haben, der Jury, die die Werke zusammengestellt hat, dem Konzeptions- und Hängeteam, dem Vorstandsteam mit meinen Stellvertretern Hannelore Christ und Toni Stangl sowie dem Katalogmacher Alexander Vandendrees, die diese 138. Halbjahresausstellung zusammen mit mir auf den Weg gebracht haben und den Aufsichten, die diese 138. Halbjahresausstellung hoffentlich bis zum 9. Januar begleiten werden.
Wir hoffen, dass die Kunstinteressierten die Ausstellung der GBK trotz 2 G plus mit einem Besuch belohnen.
Ein kleiner Rundgang durch die Ausstellung:
(Fotos: Rudi Weber)
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Ein kleiner Rundgang durch die Ausstellung:
(Fotos: Erich Gruber)
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